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Gibt es gute Gründe in die Wissenschaft zu vertrauen?

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Lange galt "wissenschaftlich erwiesen" als stichhaltiges Argument - als Autoritätsargument . Im postfaktischen Zeitalter wird der Geltungsbereich wissenschaftlichen Wissens umstrittener. Gibt es dennoch gute Gründe der Wissenschaft zu vertrauen?

Author / translator Marlene Mittringer

Lange galt "wissenschaftlich erwiesen" als stichhaltiges Argument - als Autoritätsargument . Im postfaktischen Zeitalter wird der Geltungsbereich wissenschaftlichen Wissens umstrittener. Gibt es dennoch gute Gründe der Wissenschaft zu vertrauen? In diesem Spiel werden die SpielerInne zentrale philosophische Positionen dazu erörtern.
Das Spiel eignet sich für den Einsatz in der Sekundarstufe II (Oberstufe Philosophie-Psychologie) im Bereich Wissenschaftstheorie/Erkenntnistheorie/Natur, Technik und Mensch.

Created 16 January 2020
Last edited 10 March 2020
Topics Ethics, Politics, Science

Policy positions

Policy position 1

Der Wissenschaft soll vertraut werden, weil sie wahre Aussagen produziert. Der wissenschaftliche Fortschritt ist ein positiver Beweis für die Wahrheit wissenschaftlicher Theorien. Viele Erfindungen, wie Tiefkühlerbsen und Autos gäbe es ohne wissenschaftliche Theorien nicht. Diese Erfindungen versichern uns ganz unmittelbar (evident) die Wirksamkeit von Wissenschaft. (vgl. Susan Lindee 2019) - Wissenschaftlicher Realismus/Korrespondenztheorie

Policy position 2

Wir sollen der Wissenschaft vertrauen, weil sie besondere Methoden entwickelt hat, Theorien zu prüfen. Wissenschafter versuchen auch aktiv, ihre Theorien zu hinterfragen (falsifizieren). Wissenschaftliche Aussagen stimmen mit den Tatsachen der Welt überein. Es gibt eindeutige Kriterien, zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft/Mythen zu unterscheiden. (vgl. Karl Popper 1934) - Kritischer Rationalismus/Korrespondenztheorie der Wahrheit

Policy position 3

Der Wissenschaft soll vertraut werden, weil es eine soziale Institution mit bestimmten Formen der sozialen Kontrolle ist. Über Peer-reviews (Kreuzgutachten), Workshops, Seminare und Konferenzen tauschen sich WissenschafterInnen miteinander aus und kontrollieren einander. Dies bildet die Vertrauensgrundlage für uns. Je diverser die wissenschaftliche Gemeinschaft ist, desto besser. (vgl. Naomi Oreskes 2019) Feministische Wissenschaftssoziologie

Policy position 4

Es gibt keine bestimmte, überlegene Methode, die wissenschaftliche Wahrheit versichert. Wissenschaftliches Wissen ist anderen Formen von Wissen gleichgestellt, da auch Propaganda und politische Schachzüge über die Akzeptanz von wissenschaftlichen Theorien entscheiden. Es gibt legitime Arten Konsens herzustellen aber auch illegitime (Drohung, etc). (vgl. Paul Feyerabend 1967) - Anarchistische Wissenschaftstheorie

Policy position 5

Man sollte wissenschaftlichen Ergebnissen nicht mehr trauen als Privatmeinungen, da viele ForscherInnen politische oder privatwissenschaftliche Interessen haben und dadurch in einen Interessenkonflikt geraten. Ihnen geht es manchmal auch nur um Macht und Ruhm. Es gibt viele historische Beispiele von wissenschaftlichen Fälschungen und der Vertuschung von ethisch fragwürdigen Experimenten. (vgl. Jon A. Krosnik 2019) - Wissenschaftsskeptizimus

Story cards

Wer ist Anna O. Szust? Anna O. Szust gibt es nicht. Ihr Name steht aber für Betrug, denn "Oszust" heißt "Betrug" auf polnisch. Hinter dem Fake-Profil verbergen sich WissenschafterInnen, die 2015 testen wollen, wie gewissenhaft wissenschaftliche Verlage arbeiten. Funktioniert das Peer-Feedback? Werden biographische Angaben überprüft? Gibt es ausreichend Qualitätssicherung?
2017 wurde die wissenschaftliche Studie veröffentlicht. Es stellt sich heraus, dass Verlage, die unter dem Verdacht standen, Raubtierverlage zu sein (und sich nicht an wissenschaftliche Standards halten sondern gegen Geld jeden beliebigen Inhalt drucken) tatsächlich Anna O.Szusts Text ungeprüft annahmen. Dieses unwissenschaftliche Vorgehen wurde bestraft: Die Verlage, die nicht prüften, wurden aus dem Datenverzeichnis für öffentlich zugängliche Wissenschaftszeitschriften (Directory of Open Access Journals) entfernt.
(vgl.: Nature 543, 2017: 481-3. DOI:10.1038/543481a; Onneken 2018. URL: https://youtu.be/a3cGhVBjQjw)

Renate K. denkt: "Wissenschaftliche Institutionen sollten stärker kontrolliert werden"

Der Atmosphärenforscher Ben Sater glaubt, dass Treibhausgase für den Klimawandel verantwortlich sind. Vor der Veröffentlichung seines Artikels, wird dieser von KollegInnen beurteilt, er muss noch nachbessern und veröffentlicht den Aufsatz schließlich im IPCC: Climate Change 1995:The Science of Climate Change.
Dann passiert es: Ein WallstreetArtikel macht auf die Änderungen aufmerksam und Ben Sater wird gefeuert. Man wirft ihm vor, er hätte sich von KollegInnen beeinflussen lassen und ihnen zuliebe das Dokument verändert. Seine Integrität und Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, obwohl er sich an die Spielregeln der Wissenschaft gehalten hatte. Ben Sater glaubt, sein Ruf wurde mit Absicht zerstört. Denn er findet heraus, dass sich Physiker zusammenschließen, um andere WissenschafterInnen gezielt anzugreifen. Sie arbeiteten für die Tabakindustrie. Er glaubt: Das Ziel war, Kontroversen am Leben zu erhalten. Es sollte unklar bleiben, ob Treibhausgase den Klimawandel beeinflussen. (vgl. Oreskes/Conway 2010, 1-9).

Berti S. denkt: "Man muss den wissenschaftlichen ExpertInnen nicht den SkeptikerInnen glauben!"

Reproduzierbarkeit ist ein wichtiges Gütekriterium für wissenschaftliche Forschung.
Brian Nosek, der Leiter des Center for Open Science in Charlottesville, Virginia (USA) versucht im Jahr 2011 herauszufinden, wie verlässlich, objektiv und durchdacht psychologische Experimente sind. Er lässt 28 psychologischen Studien noch einmal testen. Nur die Hälfte der Studien kommt zu dem selben Ergebnis. Die Ergebnisse werden in dem Magazin Advances in Methods and Practices in Psychological Science veröffentlicht. "Bei den Studien, wo es gehakt hat, da hat es überall gehakt!", meint Psychologie Brian Nosek kopfschüttelnd. Fritz Strack, ein Psychologie der Universität Würzburg sagt, wir sollten daraus lernen, genauer hinzuschauen, warum Studien funktionieren und warum nicht. Ein Grund für die geringe Replizierbarkeit könnte sein, dass die Studien sehr geringe Sample-Size hätten (wenige StudienteilnehmerInnen werden gefragt). Stehen die Wissenschafter unter zu viel Druck, schnell auch falsche Ergebnisse zu produzieren?
(vgl. Nature 19. November 2018, doi: 10.1038/d41586-018-07474-y)

Robert I. denkt: "Die WissenschafterInnen arbeiten nicht sorgfältig genug."

Die Tschernobylkatastrophe 1986 war auch eine Katastrophe für britische SchafhirtInnen. Durch eine Fehleinschätzung des britischen Langwirtschaftsministeriums (MAFF) , ließen sie ihre Schafe auf kontaminierten Weiden grasen. Man hatte ihnen gesagt, dass die Wiesen nur 3 Wochen verstrahlt sein würden. Diese Fehleinschätzung musste korrigiert und ein Schlachtungsbann verlängert werden, was zu großen finanziellen Verlusten für die SchaftshirtInnen führte. Es stellte sich heraus, dass die WissenschafterInnen, in ihren Modellberechnungen nicht einkalkuliert hatten, dass die Wasseradern zu ungleichmäßigen Cäsiumbelastungen im Boden führen würden. Sie schätzten auch das Weideverhalten der Tiere falsch ein. Die HirtInnen kannten die Wasseradern und ihre Schafe. Sie wurden aber einfach nicht gefragt. Dieser Vorfall führte zu der Forderung, dass lokalem ExpertInnenurteil in der Wissenschaft mehr Beachtung geschenkt werden sollte. (vgl. Whyte, K.P. 2010, In: Synthese 177, 411–425).

Denise K. denkt: "Nicht nur WissenschafterInnen haben etwas zu sagen!"

"Frauen gehören nicht an die Schule! Das ist zu anstrengend für sie und sie werden unfruchtbar.", diese Meinung vertritt der us-amerikanische Arzt Edward H. Clarke 1873 in einem wissenschaftlichen Artikel im Magazin Sex in Education. Clarke benützt die thermodynamischen Gesetze und leitet daraus ab, dass Frauen keine Schulbildung zu zumuten sei. Es gibt offensichtliche Einwände gegen seine Theorie: Er zitiert etwa nur 6 Fallstudien und führte keine Kontrollgruppenuntersuchungen durch (der Erschöpfungsgrad von Schülern und ihre Fertilität wird nicht getestet) . Außerdem wird er von Dr. Mary Putnam Jacobi 1876 widerlegt, die eine Studie mit größerer Sample-Size veröffentlicht. Obwohl in der wissenschaftlichen Fachwelt klar ist, dass Clarke unrecht hat, wird er noch dreißig Jahre später, in politischen Debatten zitiert.
Ist Pluralismus ein Ausweg? In einer pluralistischen Wissenschaftsgesellschaft kontrollieren konkurrierende Gruppen einander und machen sich gegenseitig auf Vorurteile und blinde Flecken aufmerksam. So kann ein Wissenszuwachs geschehen.
(vgl. Oreskes 2019: 70-80).

Alex P. denkt: "Ich vertraue darauf, dass WissenschafterInnen einander kontrollieren"

2016 ging die Story um die Welt: WissenschafterInnen können keinen positiven Effekt durch die Verwendung von Zahnseide feststellen. Hatten wissenschaftliche ExpertInnen jahrelang gelogen?
"Nein!", sagt Wissenschaftphilosophin Naomi Oreskes.
Ein fehlender Beweis der Wirksamkeit sei noch kein Beweis der Unwirksamkeit. Dass größere Studien zur Zahnseidebenützung fehlen, liegt auch daran, dass das Forschungsinteresse sehr gering ist: "Man untersucht nicht, was ohnehin bekannt ist." Außerdem Blindstudien sind technisch unmöglich: Es gibt keine Placebo-Zahnseide. Zahnseidebenützung lohnt sich auch erst nach 20 Jahren. Aus ethischen Gründen sollte man Menschen aber besser nicht 20 Jahre abhalten, Zahnseide zu benützen. Außerdem lügen viele Menschen darüber, dass sie Zahnseide verwenden, obwohl sie das nicht tun. Kleinere Studien hätten positive Effekte bei der Verwendung von Zahnseide festgestellt. Manchmal müssen Untersuchungen veröffentlicht werden, die nicht alle wissenschaftlichen Goldstandards einhalten und manchmal fehlen auch größere Studien. (vgl. Oreskes 2019: 124-127).

Peter S. denkt: "Dass Wissenschaft nicht perfekt ist, heißt nicht, dass man ihr nicht trauen kann."

Christian Kandlbauer verlor beide Arme. Doch er hatte riesiges Glück. Er war einer der ersten Patienten, die nicht nur zwei neue Armprothesen bekamen. Nein, seine Prothesen konnte er mit Hilfe seiner Gedanken steuern. Durch sie wissenschaftlichen Forschung und jahrelanger technischer Entwicklung, gab es für ihn ein Hilfsmittel, mit dem er nun wieder kochen, selbstständig essen, Autofahren und auch wieder einen Beruf ausüben konnte. Warnke, Gabi (2011): Auf dem Weg zu intelligenten Prothesen. https://www.spektrum.de/ alias/bionik/auf-dem-weg-zu-intelligenten- prothesen/ 1058095

Manuel N. denkt: "Ich vertraue WissenschafterInnen blind, sie leisten Unglaubliches!"

INFO CARDSISSUE CARDS

Müssen Studien wiederholbar sein?

Reproduzierbarkeit ist ein Gütekriterium für Wissenschaft, aber 2011 fand man in einer Metastudie von Brian Nosek, Charlottesville, Virigina, heraus, dass nur die Hälfte aller Studien kopierbar seien, d.h. dass sie ein zweites Mal zum selben Ergebnis führten, wenn man die Bedingungen exakt kopierte. Bedeutet das, dass die Wissenschaft nur Schnellschüße macht und man den Ergebnissen weniger glauben sollte?

Ist Wissenschaft auch ein Geschäftsmodell?

WissenschafterInnen leben von der Wissenschaft. Es ist ihre Erwerbsarbeit. Heißt das, sie sind korrumpierbar oder sichern hohe ethische Standards die Integrität von Wissenschaft? Müssen WissenschafterInnen offen legen, wer ihre Studien finanziert? Gibt es Ausnahmen?

Sichert die Wissenschaft unseren technischen Fortschritt?

Wie würde eine Welt ohne den technologischen Erneuerungen der Wissenschaft aussehen? Welche Technologien sind in deinem Leben unverzichtbar?

Impfgegner - Soll es eine Impfpflicht basierend auf wissenschaftlichem Konsensus geben?

Welche Faktoren spielen bei der Beantwortung der Frage noch eine Rolle? Dürfen auch Nicht-WissenschafterInnen bei dieser Diskussion Stellung nehmen oder dürfen nur wissenschaftliche ExpertInnen mitdiskutieren?

Wissenschaft oder Religion - Wer hat Recht?

In Österreich würden sich 15% der EinwohnerInnen in einem Wertekonflikt zwischen Religion und Wissenschaft für die Werte ihrer Religion entscheiden. Warum glaubst du ist das so? Welche Konflikten kann es zwischen Religion und Wissenschaft geben? Welche Beispiele kennst du?

Was hat Wissenschaft mit Politik zu tun?

Der Wissenschaftshistoriker Thomas Kuhn sagt, dass bei wissenschaftlichen Revolutionen, auch persönliche Kriterien über den Erfolg einer Theorie bestimmen. Wann ist das positiv? Unter welchen Umständen kann das ein Problem darstellen?

Müssen sich WissenschafterInnen einig sein?

Wie hoch muss die Zustimmung von WissenschaferInnen zu einer Theorie sein? 51%, 60% oder 90% ? Müssen WissenschafterInnen Stellung zu bereits widerlegten Theorien nehmen? Ist es entscheidend, dass sich ForscherInnen einig sind? Wann kann Dissens (Kontroverse) für Debatten bereichernd sein?

Ist wissenschaftliches Wissen subjektiv?

Wissenschafter haben oft schon Theorien, die sie an die Wirklichkeit anlegen. Daten müssen ausgewertet und interpretiert werden. Sind wissenschaftliche Ergebnisse vertrauenswürdig, wenn sie von subjektiver Interpretation abhängen? Oder ist dies ein normaler Teilschritt in der wissenschaftlichen Forschung?

Gibt es verbindliche Werte, an die sich WissenschafterInnen halten sollten?

Und welche Normen sollen das sein? Müssen WissenschafterInnen neutral sein und keine Ratschläge geben, weil sie niemanden beeinflussen wollen? Oder sollen WissenschafterInnen als wissenschaftliche ExpertInnen auch in die politischen Debatten miteinbezogen werden?

Über Wissenschaft informiert sein

Weltweit geben mehr Männer als Frauen an, über wissenschaftliche Themen informiert zu sein? Woran kann das liegen? vgl. Wellcome Global Monitor 2018

Diversität im Wissenschaftsbetrieb

Die Wissenschaftsphilosophin Naomi Oreskes sagt, ist eine Forschungslandschaft pluralistisch ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass "blinde Flecken" der Forschung aufgedeckt werden. Sollte es ein Ziel der Wissenschaftspolitik sein, die Forschungslandschaft bunter zu machen? Und welche Mittel wären legitim, das sicherzustellen?

Können Nicht-ExpertInnen bei wissenschaftlichen Debatten mitreden?

In welchen Fällen ist das erlaubt? Reicht eine Allgemeinbildung aus? Muss die Person über Insider- Wissen verfügen oder mit WissenschafterInnen in Kontakt stehen?

Gibt es strenge Kriterien und feste Methoden für Wissenschafter?

Welche Kriterien findest du wichtig? Muss es beispielsweise in Experimenten immer Kontrollgruppen geben? oder ist es nur wichtig, dass WissenschafterInnen transparent machen, was sie tun, sodass sie an ihre Ergebnisse kommen.

Müssen die WissenschafterInnen ihre privaten Einstellungen bekannt machen?

Ist es wichtig, dass WissenschafterInnen transparent machen, welcher politischen Strömung sie angehören, weil diese Transparenz es leichter macht, mögliche Beeinflussungen festzustellen oder haben sie ein Recht auf Privatsphäre?

Müssen WissenschafterInnen transparent machen, wer ihre Studien finanziert?

Ist es wichtig für dich zu wissen, wer eine Studie bezahlt hat oder denkst du, dass dies keinen großen Einfluss auf die Arbeit der WissenschafterInnen hat, weil diese große Integrität besäßen?

Hat die Wissenschaft das Leben verbessert?

Welche Beispiele fallen dir ein?
Ist Wissenschaft auch an Katastrophen mitverantwortlich?

Paradigma - Wissenschaftliche Revolutionen

Forschergruppen halten sich in ihrem Arbeiten an Musterlösungen - Paradigmen, die bestimmen, wie man arbeiten soll. Das Paradigma bestimmt, wie sie die Welt sehen. Wenn sie ihre Probleme nicht lösen können, kommt es zu einer Krise, Forscher ändern dann ihren Blick auf ihre Forschung radikal. Nach einer wissenschaftlichen Revolution sind die alte und die neue Wissenschaft nicht mehr miteinander vergleichbar. (vgl. Kuhn 1962)

Das Kreuzgutachen (Peer Review)

Ein Peer-Review ist eine Feedback-Methode, mit der man die Qualität und Aussagekraft eines wissenschaftlichen Artikels von FachkollegInnen vor der Veröffentlichung liest und prüft Ein Artikel wird dann ganz verworfen oder es wird gesagt, wo nachgebessert werden soll. In Peer-Review-Journals werden nur Texte veröffentlicht, die zuvor geprüft wurden. Manchmal ist das Feedback anonym (=Blindverfahren).
(vgl. Oreskes 2019)

Induktion

Eine Form des logischen Schließens: Viele positiv bestätigte Einzelaussagen beweisen die Wahrheit einer größeren, allgemeineren Aussage.Zum Beispiel: Ich habe 300.000 weiße Schwäne beobachtet. --> Alle Schwäne sind weiß. Naturgesetze basieren auf Induktionsschlüssen. Sind eine Vielzahl an Einzelbeobachtungen wahr, so gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz war ist. Es muss (!) aber nicht wahr sein (vgl. Popper 1934).

Quellen und Referenzen

Kuhn, Thomas (1962):
Elsevier (2002) What is peer review? URL:https://www.elsevier.com/reviewers/what-is-peer-review
Burns, N. (1989). Standards for qualitative research. Nursing Science Quarterly, 2, 44-52.
Florczak, K. L. (2019). The Nature of Truth: The Need for Peer Review. Nursing Science Quarterly, 32(3), 176–179. https://doi.org/10.1177/0894318419845403

Wissenschaftlicher Relativismus

Relativismus ist eine Haltung, dass Wissen auch von nicht rationalen Faktoren abhängt und nicht allgemeingültig ist. Soziale Faktoren (wessen Meinung wird anerkannt) oder auch die Begriffssprache können eine Rolle spielen. Es gibt dann "Wissenskulturen". Es ist dann nicht zu entscheiden, welche "Wissenskultur" Recht hat, weil Wissen nicht mehr nur anhand rationaler Kriterien bewertbar ist.
(Feyerabend 1967)

Wissenschaftliche Beweismittel (Evidence)

Man kann zwischen drei Beweistypen unterscheiden:
1) Augenscheinbeweise: Beweise durch Sinneswahrnehmung, die unmittelbar "wahr" erscheinen.
2) a Priori - Beweise: Einsichten, die durch Nachdenken über Begriffe erreicht werden
3) Erinnerung + Schlussfolgerung .
(vgl. Conee 2000)

Quellen

Conee, Earl&Feldmann, Richard: Evidence. In: Smith, Quentin. Epistemology : New Essays. 1. Publ.. ed. Oxford: Oxford U, 200 (83-104)

Wissenschaftliche ExpertInnen

Psychologische Definition: 10.000 Stunden zielgerichtetes Lernen machen einen Experten/ eine Expertin. Wissenschaftliche ExpertInnen lernen implizit, das heißt durch Nachahmung und auch durch soziales Lernen. WissenschafterInnen sind ExpertInnen, aber auch Mitglieder einer Selbsthilfegruppe können ExpertInnen werden, wenn sie z.B.: medizinisches Insiderwissens haben und ein Fachgespräch mit ÄrztInnen führen können. (vgl. Collins 2014)

Kritische Wirklichkeitsprüfung

Theorie vom Wissenschaftsphilosophen Karl Popper: ForscherInnen konzentrieren sich zu sehr auf positive Beweise, stattdessen sollen sie aufzeigen, wie ihre Theorien zu widerlegen wären. Sie sollen ungewöhnliche Prognosen machen, deren Eintreten eine Bewährungsprobe für die Theorie darstellt: Tritt die Prognose nicht ein, so ist die Theorie widerlegt, falsifiziert. (vg. Popper 1963)

Wissenschaftliche Gütekriterien

Wissenschaftliche Studien müssen Gütekriterien entsprechen. Diese sind
- Validität: Das Prüfverfahren misst das, was es messen soll (Bsp: Wenn ein Medikament bei Frauen und Männern angewendet werden soll, sollte es an Frauen und Männern getestet werden).
- Reliabilität: Forschung kann wiederholt werden. Das Ergebnis sollte immer gleich bleiben.
- Objektivität: Das Ergebnis hängt nicht von dem Einfluss/Manipulation der durchführenden Person ab.

Blindverfahren

- StudienteilnehmerInnen wissen nicht, ob sie in der Test- oder Kontrollgruppe sind.
Doppelblindverfahren
- Der Zufall bestimmt, wer in welcher Testgruppe ist. Ein Team hat Kontakt zu StudienteilnehmerInnen, das andere wertet aus. StudienteilnehmerInnen und StudienleiterInnen wissen nicht, wer in der Test- und wer in der Kontrollgruppe ist, nur das auswertende Team weiß das. So gibt es keinen Placebo-Effekt.

Alpha- und Beta-Fehler

Wissenschaftliche Testverfahren müssen sicherstellen
- dass positiven Fälle auch positiv aufscheinen (Spezifität) Test +/ Realität +
- dass negativen Fälle negativ getestet aufscheinen (Trennschärfe, Sensitivität) Test -/ Realität -
Vermeiden sollten Tests
- dass negative Fälle positiv aufscheinen (Alpha-Fehler) Test +/ Realität -
- dass positive Fälle negativ aufscheinen (Beta-Fehler) Test -/ Realität +

Hermeneutik

Hermeneutik ist die Lehre vom Verstehen und Interpretieren. Erwartungshaltungen (Vor-Verstehen) und Aufmerksamkeit bestimmen unser Textverständnis. Neue Informationen werden nach subjektiven Kriterien selektiert, abstrahiert, interpretiert (verarbeitet) und in ein neues Denksystem integriert (vgl. Thorndyke 1980, Gadamer 1974) .

Intersubjektiver Nachvollzug, Intersubjektive Gültigkeit

Intersubjektiver Nachvollzug: Beobachtungen sollten so festgehalten werden, dass sie eindeutig einer Person, einem Ort und einer Zeit zugeordnet werden. Wissenschaftliche Protokolle ("Kochrezepte") helfen auch nachzuvollziehen, wie ein/e Forscher/in zu seinen Ergebnissen kommt.
Intersubjektive Gültigkeit: WissenschafterIn beurteilen die Ergebnisse der KollegInnen. Sie müssen sich einig werden (einen Konsens finden).
(vgl. Lacina 2016)

Wie verändert sich Wissenschaft?

Wissenschaft wird sozialer: In der Physik wurden in den 1920er 90% aller Publikationen nur von einer Person geschrieben. 1940 waren es nur noch 26%. Gleichzeitig wurden in dieser Zeit 28% der Texte von 2 AutorInnen geschrieben, 19% von 3 AutorInnen, 14 % von 4 AutorInnen, und 13% von fünf oder mehr AutorInnen verfasst. Kollaboration - Zusammenarbeit ist eine neue wissenschaftliche Realität (vgl. Robert Merton 1957 : 92) .

Was sind Plagiate und Fälschungen?

Ein wissenschaftliches Plagiat ist die nicht gekennzeichnete direkte Übernahme von Sätzen einer anderen Person.
Bei wissenschaftlicher Fälschung kann unterschieden werden in:
- Forging - Fälschung
- Trimming - Daten werden an das gewünschte Ergebnis angepasst
- Cooking - Selektion der Daten nach gewünschten Gesichtspunkten
(vgl. Charles Garbage 1830)

Wissenschaftliche Normen
Was ist Reproduzierbarkeit?

Reproduzierbarkeit ist ein wichtiges Gütekriterium für wissenschaftliche Forschung. Ein Experiment/Test wird ein zweites Mal unter ganz ähnlichen Bedingungen durchgeführt. Das Ergebnis sollte ähnlich sein.
2011 hat das Center for Open Science in Virginia unter der Leitung von Brian Nosek herausgefunden, dass nur die Hälfte von 28 getesteten Studien zu einem ähnlichen Ergebnis kam.
(vgl. Nature 2018) doi: 10.1038/d41586-018-07474-y

Wer vertraut der Wissenschaft ? (Österreich)

78% der ÖsterreicherInnen sagen, sie profitieren direkt von den Erkenntnissen der Wissensschaften.
63% geben an, dass Wissenschaftliche Erkenntisse mit den Werten ihrer Religion kollidieren, aber nur 15% der ÖsterreicherInnen würden sich in einem Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft für die Religion entscheiden.
(Wellcome Global Monitor 2018 )

Wer vertraut der Wissenschaft? (weltweit, I)

Eine OECD Studie aus dem Jahr 2015 kam zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlicher war, dass Menschen,
1) die sich gesund fühlen,
2) sich als WeltbürgerInnen fühlen,
3) denen es wichtig ist, Gutes für andere zu tun (Altruismus)
4) und sich als relativ frei und selbstbestimmt fühlen,
auch eine positive Einstellung zur Wissenschaft haben.
http://dx.doi.org/10.1787/888933274982

Wer vertraut der Wissenschaft? (weltweit, II)

Das Gallup Institut stellt fest, dass Menschen, die ein größeres Vertrauen in die nationale Politik hätten, auch ein stärkeres Vertrauen in die WissenschafterInnen ihres Landes haben.
Gallup: Wellcome Global Monitor 2018

Kann man medizinischem Rat vertrauen?

Weltweit sind ca. 92% der Kinder geimpft.In ärmeren Regionen, wird Impfen für sicherer gehalten. Es gibt eine 95% Zustimmung in Südasien und 92% in Ostafrika. In den USA glauben hingegen nur 72% der Bevölkerung, dass Impfen sicher ist, in Österreich nur 55%. In Frankreich gibt es weltweit die meisten Impfgegner, nur 47% der Bevölkerung haltet Impfen für sicher.
vgl: Wellcome Global Monitor 2018

Pluralismus

"Im Pluralismus konkurrieren eine Vielzahl verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen mit- und gegeneinander um gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Macht. Sie versuchen ihren Einfluss in den politischen Prozess einzubringen und auf die staatliche Gewalt durchzusetzen" https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-syst…

Wie sollten sich WissenschafterInnen verhalten ? (Normen)

Der Soziologe Robert K. Merton sagt: WissenschafterInnen sollen
- unbeeinflussbar sein, sich nicht durch finanzielle Vorteile in ihren Ergebnissen beeinflussen lassen
- selbstkritisch sein auch gegenüber ihrer eigenen Ideen
- ihr Wissen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen
- anderen gegenüber unvoreingenommen sein
(vgl. Merton 1949).

Wie sollten sich WissenschafterInnen verhalten (Gegennormen)

Der Organisationswissenschafter Ian Mitroff sagt
- WissenschafterInnen sollten dafür kämpfen, dass ihre Ergebnisse im wissenschaftlichen und politischen Diskurs durchsetzen.
- es ist manchmal notwendig Ergebnisse geheim zu halten, damit niemand die Ergebnisse stiehlt.
(Vgl. Mitroff 1974)

Überprüfbare Beobachtung

Der Wiener Kreis legte fest, dass Wissenschaft ein Aussagensystem darstellen sollte, das auf überprüfbaren Beobachtungsaussagen basiert. Wissenschaft soll nur mit sinnvollen, dh. überprüfbaren Sätzen arbeiten. (Nicht überprüfbar: Engel reiten auf Wolken, überprüfbar: In Wien hatte es am 24.12.2019 um 15:00 Uhr 10°C). Es soll keine widersprechenden Aussagen in dem System geben.

ExpertInnen beurteilen

Der Wissenschaftsphilosoph Harry Collins sagt, es gibt 3 Kriterien, die helfen, dass Wissen eines Experten/einer Expertin einzuschätzen
- die Person hat Erfahrung auf ihrem Gebiet und tauscht sich regelmäßig mit anderen aus,
- die Person hat eine Form der Zertifizierung durch eine anerkannte Institution (Schul-, Lehr-, Uniabschluss)
- die Person kann eine Erfolgsbilanz vorlegen (wird von anderen ExpertInnen anerkannt)
(vgl. Collins 2009)

Welche Faktoren spielen eine Rolle, wenn ein Test nicht reproduziert werden kann?

Der Test war nicht objektiv (VersuchsleiterIn hat etwa TestteilnehmerInnen bewusst/unbewusst beeinflusst) .
Der Test war nicht valide (Das Testdesign war nicht gut, es gabt Störvariabeln, die nicht bedacht waren).
Der Test war nicht reliabel/verlässlich (Beispiel ein Messinstrument war defekt und hat einen falschen Wert angezeigt).

Was ist eine Störvariable?

Eine Störvariable ist alles, was ich in einem konkreten Experiment nicht testen will, aber das Ergebnis beeinflussen könnte.
Ich will zum Beispiel testen, wieviel Wasser eine Pflanze zum Wachsen braucht.
Dann ist wie viel Licht sie bekommt und in welcher Erde sie wächst, eine Störvariable.
Störvariablen können ausgeschalten werden, indem man die gleiche Pflanzenart unter gleichen Bedingungen testet (gleiche Erde, gleich viel Sonne).

Was ist der Placebo-Effekt?

Wenn StudienteilnehmerInnen an den Erfolg von etwas glauben, dann verändert sich das Ergebnis positiv. Es gibt auch den Nocebo-Effekt, wenn ich glaube, etwas wird nicht funktionieren, verändert sich das Ergebnis zum Negativen. Daher werden Blindverfahren eingesetzt (die StudienteilnehmerInnen können nicht wissen, ob sie in der Test- oder Kontrollgruppe sind).

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